.....der Gattin Don Boscos lugen die drei ersten Schwanenköpfe hervor und unsere Runde morgendlicher Spaziergänger am Teich umme Ecke rätselt, wie viele weitere Eier sie wohl noch ausbrütet. Die drei älteren Herren lästern über den Anglerverein und mein Freund Fred, der Witwer, sucht händeringend eine neue Frau. Die Damenwelt ist jedoch von seiner Anhänglichkeit nicht sehr begeistert und so steht er hilflos und alleine in seiner neuen Welt, die ihm fremd scheint.
Der weltbeste Exmann hatte zu einem runden Geburtstag geladen, bei dem der weltbeste Herr Ro der aus dem Süden angereisten Musikerin ein Ohr abkaute und ich Kommilitonen und frühere Kollegen von vor hundert Jahren antraf. Unglaublich, wie gut Männer sich halten. Fast so, als ginge die Zeit vollkommen spurlos an ihnen vorüber. Die Zeit und ich hingegen, wir sind keine Freundinnen zur Zeit. Sie nervt mich, denn sie ist schneller als ich. Im Eiltempo scheucht sie mich durch die Republik und wenn ich mal eine Woche Pause habe, macht sie keine und rast einfach munter weiter. Während sich der Schreibtisch unter Unerledigtem biegt, im Keller Wäschestapel aus einem Monat herum liegen und die nächsten Wochen vorbereitet werden müssen, starre ich lieber aus dem Fenster. Ich schau den fünf wilden Kaninchen im Garten zu, wie sie für ihren Fortbestand juckeln, füttere Vögel mit Vogelfutter und Don Bosco mit Trockenfutter vom Hundefräulein. Ich denke, er verträgt es, denn er frisst ja auch Schnecken aus dem Teich, warum also nicht ein bisschen getrockneten Truthahn mit Reis? Seit er dem frechen Fräulein mal mit seinem großen Schwingen eine gedonnert hat, hält sie sich auf 8 m Abstand, wenn ich ihn füttere. Er ist wirklich ein großer Kerl und nicht der hellste, aber immerhin erkennt er mich, wenn ich morgens auf der Insel am Teich erscheine.
Dass ich mich zur Patentante nur sehr bedingt eigne hat sich leider auch bestätigt, denn der kleine Herzensmann, der mit der Freundin zu Besuch kam, flutschte mir sogleich aus der Hand und stürzte sich unsere Steintreppe hinunter. Glücklicherweise ließ er sich trösten und war auch gleich wieder fröhlich, nur sehr zerschunden sah der arme kleine Kerl aus. Ich muss an mir arbeiten, wie soll ich da Zeit für meine Buchhaltung finden?
Am einzigen Sonnentag an Pfingsten saßen wir bei Freunden in deren Garten, in dem ihre fünf Galgos, ein Saluki und das Möchtegernwindhundfräulein tobten. Wir taten so weltbewegende Dinge wie Grillen, Rezepte austauschen, über selbst geschneiderte Klamotten zu ratschen, Komplimente austauschen und über das zunehmende Gefühl des Angestrengt-seins zu philosophieren. Ein Maikäfer hat sich dann später in der Nacht fast an unserem Fenster ums Leben gebracht. Es war der erste, den ich je gesehen habe.
Am Teich umme Ecke, wo wir nun täglich den schwanigen Babyalarm begutachten, sonnen sich die vier ausgesetzten Wasserschildkröten. Die haben es eigentlich gut getroffen. Als sie zu groß für ihr Gefängnis in der Stube irgendwelcher Spießer wurden, haben jene sie heimlich im Teich ausgesetzt. Nun haben sie einen echten Lebensraum der sie sie seit Jahren gut nährt. Und vollkommen ohne dass sie sich um Buchhaltung oder Schreibtische kümmern müssen.
Ich sollte dringend Rechnungen schreiben, aber viel lieber schlüre ich durch den grünen Wald, in dem die Bäume sich förmlich biegen unter all ihrem Laub und denke darüber nach, wie man die Lücke füllen könnte, die der nunmehr erwachsene Harry Potter, geöffnet hat.
rosmarin - 21. Mai, 14:51
...habe ich den Schwan getauft, der nun da seine Liebste wieder brütet, den See, fauchend und sich aufblasend, verteidigt. In rasendem Tempo kommt er angefaucht, wenn am Seeufer ein Vierbeiner spaziert.
Die Tage rasen im gleichen Tempo wie Don Bosco und ich zähle die Kilometer und die Orte nicht mehr.
Im Juli wirds besser. Da werde ich eine längere Auszeit nehmen, Büro und Seelchen in Ordnung bringen, Schreiben, Spatzieren, Faulenzen und Nachdenken, Kochrezepte ausprobieren, Freunde einladen, ins Meer springen und dem Hund das Schwimmen nochmal beibringen. Am letzteren könnte ich scheitern, denn das windige Fräulein findet Wasser nicht prickelnd und taucht bestenfalls mal eine Kralle hinein.
... Täglich flüstere ich mir Durchhalteparolen ein... und träume vom Sommer und freien Tagen.
rosmarin - 29. Apr, 13:27
.....hauche ich leise meiner Lunge zu, die der Radiologe als „sehr schön“ bezeichnet.
Sie hat den dreissigjährigen Nikotinkrieg wunderbar weg gesteckt. Daher habe ich sie ins Schonprogramm genommen und mute ihr nur noch 3-5 statt der bisherigen 25 Giftstäbchen zu. La Blase, das Herz, die Nieren und überhaupt mein gesamtes Innenleben sind organisch jedenfalls in sehr gutem Zustand.
Demnach habe ich also ne Macke, die mein Blut rasen lässt. Wer mich kennt, wird jetzt mit dem Kopf nicken und tief Luft holen. Ja …. Ich bin leicht erregbar, bin meistens im Dauerstress und mein Kopfkino ist nicht immer freundlich mit mir. Also werde ich jetzt über Yoga nachdenken, Gelassenheit üben und entschleunigen. Das wird ein hartes Lernprogramm für mich.
Für Hysteriker wie mich ist so ein Herzultraschall ürigens sehr aufregend und unschön. Wussten Sie, dass unser Herz gar nicht pocht, sondern schlürft? Ich hab mich halb zu Tode erschrocken, als ich dieses Geräusch hörte und natürlich ist der Blutdruck gleich wieder auf 250 hoch geschossen. Die Arzthelferin wurde ganz bleich aber der Doc blieb cool und meinte, man müsse bei so hohen Werten jetzt auch nicht gleich in Panik ausbrechen.
So sehe ich das auch, nehme den Schuss vor den Bug also als Lektion für mich und werde mit Ärztegedöns und Gesundheitsplaudereien jetzt auch aufhören.
Das Köfferchen ist wieder gepackt, meine gesunden Innerein und ich werden viele Tage durch die Republik reisen und interessante Menschen treffen.
Bis bald

rosmarin - 16. Mär, 14:47
zuviel Essen
zuviel Nikotin
zuviel Vino
zuviel Herzrasen
zuviel Stumpfsinn
zuviel Fleiß
und einiges mehr.
Ich halte auch Kälte, Schnee und die Dauernutzung von Handschuhen aus.
Was mir allerdings wirklich schwer fällt,
ist diese lang andauernde Abwesenheit von Grün.

Waldmeister für alle!!! *skandierend an den Schreibtisch zurückkehrt*
rosmarin - 12. Mär, 10:22
…. liegst du plötzlich nachts in einem fremden Bett.
Wie bist du da bloß hinein gekommen, frage ich mich
Rasend schnell ist das gegangen und ich habe es bis zur letzten Sekunde verhindern wollen.
Charme spielen lassen und Verhandeln haben es nicht verhindern können, der fremde Kerl hat sich durchgesetzt.
Und dann lag ich plötzlich da, in der Dunkelheit und formuliere… „plötzlich und unerwartet…“-Texte.
Nun gut, dass der Stress gelegentlich zu viel, die Zigaretten auch, das ein oder andere Glas auch und dass der Blutdruck eh rasant unterwegs ist, war klar. Drum wollte ich ganz vernünftig einfach mal um ein blutdrucksenkendes Mittel beim Doc nachfragen. Der hat sich auch alle Mühe gegeben, meinem Wunsch nach Hause zu gehen, nachzugeben. Aber er fand mit 270/220 sei ich eine Notfallindikation und ich habe es eigentlich nicht glauben wollen, bis die freundlichen Herrschaften von der Notrettung mich schwupp die wupp einfach mit Blaulicht davon fuhren.
Eine sehr nachdenkliche Nacht habe ich hinter mir. Genau genommen hört die Nachdenklichkeit nicht auf. Und Dankbarkeit mischt sich rein, dass das seidene Fädchen gehalten hat.
Als man mich wieder frei gelassen hat, bin ich zum Lieblingsteich und fand dort einen weißen Seidenreiher. Ich nickte ihm fröhlich zu und warf ihm eine Kusshand für das Seidenfädchen zu.
Der Herr Schwan ist grantig und vertreibt täglich aufs Neue die wiederkehrenden Jungschwäne. Er baut mit der liebsten bereits am alten Nest und bringt es auf Vordermann, jagt die Blesshühner und Uferhunde. Das Leben geht weiter, es wird Frühling und ich hoffentlich vernünftig.
von einem Jahr habe ich zu meinem 49. Geburtstag geschenkt bekommen. Bis zur bösen 5 habe ich also noch ein kleines Weilchen. Eigentlich hätte ich den Beginn der einjährigen Schonfrist mit einem großen Kostümfest feiern sollen (bietet sich ja eh an, wenn man mitten im Karneval Geburtstag hat).
Leider haben mich irgendwelche Erkältungsviecher auf das Sofa gezwungen und ich hab die Seele baumeln lassen.
Draussen fressen die wilden Kaninchen Vogelfutter und lassen das extra gekaufte Hasenfutter links liegen.
Der Herr Ro findet das ja eh absurd und wackelt mit dem freundlichen Kopf.
Der weltbeste Vater hat die Rehaklinik für einen längeren Aufenthalt im Akutkrankenhaus verlassen. Bei der letzten Operation, die bestimmt nicht billig war, gab's gratis ein paar multiresistente Keime dazu. Die haben ihm fast zwei Wochen Quarantäne eingebracht, so dass alle Mobilisierung nun von vorne los geht.
Ich bleibe also bei meiner vorgefertigten Meinung, dass man trotz - nicht wegen - der Medizin überlebt.
Ansonsten tut mir dieses unbelebte, belanglose Blöggchen irgendwie leid. Aber all die berufliche Pendelei, das hin- und herorganisieren des Hundes, Koffer ein- und auspacken und nebenher noch leben... hat mir die Phantasie einschlafen lassen. Ich geh mal davon aus, dass sie mit dem Frühling wieder erwachen wird?
rosmarin - 17. Feb, 13:34
ist es nun zu grau in grau gelaufen.
schade um den schönen Schnee und das Eis auf dem Teich.
Als dort vor einigen Tagen einer noch fröhlich aus der Reihe tanzte....
.... war mir nicht klar, dass die jungen Schwäne ihren Abmarsch probten.
Ob die Alten sie vertrieben haben, oder ob sie sich freiwillig ein neues zu Hause suchten, weiß ich nicht.
Alle sechs Jungschwäne jedenfalls sind nun nicht mehr da. Nur die Eltern gründeln im Teich herum und stärken sich für den Frühling.
Da Vater Schwan in den letzten Tagen recht eklig war vermute ich, dass er die Jungspunte aus dem Haus, also dem Teich, geworfen hat.
Tja.... kein Ponyhof halt.... und so...
ruft ein Mann in den Opernsaal während er erregt aufspringt.
Zwei Reihen vor ihm erhebt sich ein Mann und ruft „ja, ich bin Arzt“.
Darauf hin ruft der Erste…. „sagen Sie, ist es nicht wunderbar dieses Klavierkonzert, Herr Kollege?“
Dies ist mein Lieblingswitz und gar nicht witzig ist, wie das letzte Jahr endete und das neue begann, denn der weltbeste Vater benötigte mehr als nur einen Arzt.
Die Gürtelrose hat er schneller hinter sich gebracht, als die Lehrbücher vermuten. Schon lachten wir, weil er der Forschung ein Schnippchen geschlagen hatte. Kurz darauf allerdings hatte er einen leichten Schlaganfall und landete in einer Klinik, die nicht übel war und ihn sogleich zur Reha schicken wollte. In den 10 Tagen Ärztepause allerdings, legte er sich in der Innenstadt des Maindörflis so derart ungeschickt auf die Nase, das er sich den Oberschenkelhals brach und sogleich in die Universitätsklinik verfrachtet wurde, samt Not-Op…. Tja…. und da lag er dann.
Ist hier ein Arzt, ist hier ein Arzt? Fragt man sich. Am Wochenende jedenfalls nicht. Da ist nur ein Arzt für Notfall-Op’s anwesend. Im Zimmer des weltbesten Vaters etabliert sich – Gott sei Dank – innerhalb kürzester Zeit eine verschworene Männergruppe. Der Baron, der Bankräuber und mein Vater schließen Freundschaft, was der eine nicht kann, aber der andere, wird jeweils an Hilfsdiensten übernommen. Wenn zwei nicht laufen können, rennt der Dritte. Er besorgt, wäscht, holt, organisiert, füttert, wechselt Wäsche. Wenn der Dritte krampft und vor Schmerzen schreit, lenken ihn die zwei anderen ab, massieren seine versteiften Muskeln, hören sich seine Lebensgeschichte an. Die drei sind dicke Freunde geworden und täglich rennt die weltbeste Mutter ins Krankenhaus und bringt für jeden etwas mit. Sie trinken alkoholfreien Sekt, naschen frankfurter Süßigkeiten, tauschen gebrauchte Klamotten und Telefonnummern aus. Der zwischenzeitlich entlassene Baron ruft zweimal täglich an, um sich nach dem Befinden seiner Freunde zu erkundigen. Während seines Aufenthaltes hat er den Wechsel in das freigewordene Einzelzimmer für Privatpatienten abgelehnt, denn er wollte bei seinen Kumpels bleiben. „ist hier ein Arzt?“ brüllt der Krampfende, aber es ist keiner da.
Der Baron beschwert sich als Privatpatient beim Direktor und schon ist plötzlich ein Arzt da.
Der weltbeste Vater durchläuft eine fiese Nesselsucht und der Arzt nickt verständig mit dem Kopf. „Ja, Schmerzen kann man ertragen, aber Jucken nicht“ lautet seine Diagnose und der Vater erhält Schlafmittel.
Mir fällt meine Zeit in Andalusien ein, als wir früher oft zum Stierkampf gefahren sind. Unser Lieblingsspruch war, dass man Andalusien trotz – nicht wegen – seines Essens liebt. Heute denke ich: Überleben tust du trotz – nicht wegen – des Krankenhauses. Aber das ist eine zu lange Geschichte, denn im Erläutern von Details war ich noch nie gut.
Ich hoffe, der weltbeste Vater kann morgen in die Reha verlegt werden. Dort ist vermutlich ein Arzt, der genauer hinschaut. Also…. überhaupt mal hinschaut.
Und die weltbeste Mutter wird den ürig gebliebenen Bankräuber besuchen, ihm alkohlfreien Sekt und Süßigkeiten bringen, während Baron und Vater am Handy durchklingeln, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen. Was die Ärzte sagen, werden sie nicht erfragen, denn die sagen nichts.
rosmarin - 20. Jan, 19:03