ich liebe es, Zug zu fahren....

denn ich schrubbe so viele Millionen Kilometer im Jahr mit dem Auto. Sowohl beruflich, als auch privat. Wenn denn also mal ein Kunde mit einer Veranstaltung in der Nähe eines großstädtischen Hauptbahnhofs winkt, dann werfe ich sofort das gesamte Seminarmaterial (großer Koffer) und das gesamte Klamottenmaterial (kleiner Koffern) zum nächstgelegenen Hauptbahnhof, um sogleich zum nächstgelegenen Hauptbahnhof zu fahren und nehme lustige Taxifahrten zum Seminarhotel gern in Kauf.
Mein letztes Hotel, habe ich vor ca. zwei Jahren schon mal besucht, es hat den Charme eines Labyrinth-Experiments zur Verhaltenserforschung bei hungrigen Ratten. Tausend Zimmergänge in alle vier Himmelsrichtungen, ohne Tages- dafür mit Kunstlicht, …. man sucht die versteckte Kamera.
Aber alles wurscht: Ich nehme den Zug. Denn ich liebe es, Zug zu fahren.
Blöderweise habe ich das falsche Buch eingesteckt, denn ich habe es bereits vor kurzem erst gelesen. Also döse ich vor mich hin.
Bis zum ersten holprigen Halt: „Personenunfall.“
Ich hasse es. Laut Statistik passiert es dreimal am Tag (genau genommen 3,8 mal), dass sich einer und sein Leben vor den Zug wirft.
Ich habe grundsätzlich etwas gegen Selbstmord und dies finde ich eine perfide Art der Aggression, wenn man einen Unschuldigen zum TäterTöter macht, sprich dafür sorgt, dass es der Lokführer ist, der einen überfährt und dieses traurige Leben beendet.
Leben beenden sich von alleine. Das ist schlimm genug.
Dem Vorschub zu leisten, sollte man bestrafen, was leider nicht geht… was in der Natur der Tatsache liegt.
Der Selbstmörder auf der Hinfahrt, hat wieder einen Lokführer unglücklich gemacht und hunderte von Leuten, die Nerven geraubt.
Die Deutsche Bahn tut mir leid: Kaum schmeißt einer sein Leben weg, schon fangen die Leute an zu maulen und zu schimpfen, auf die Unpünktlichkeit der Bahn.
Jessas…. als ob die was dafür könnte.
Also kratzen liebenswerte Helfer die Reste von den Gleisen, während drinnen die Kunden beruhigt werden. Diese Könige maulen wegen jeder Kleinigkeit und auch wenn ein Mensch sein Leben weg wirft, so nehmen sie dies gern zum Anlass….. zu maulen.
Die Bahn gibt sich geschmeidig und gibt einen aus: freie Getränke für die genervten Kundenkönige.
Ein abartiger Leichenschmaus – wie mir erscheint – drum lehne ich ab und lande dann doch irgendwann nachts im Labyrinthhotel.
Alles prima…. Wenn man von der heutigen Verdidemonstration absieht….die sich dort abspielte. Aber Seminarhotels sind sowieso ein Kapitel für sich, das in einem eigenem Blog erzählt werden sollte.
Heute also zurück. Ein Zug früher wie geplant. Süper.
Zwischen Helmstedt und Braunschweig halten wir unüblich schnell und natürlich denke ich an Personenunfälle. Aber nein…. auf der Strecke wird eine Bombe entschärft…. wir stecken fest auf unbekannte Zeit.
Es brandet kein Applaus auf, weil Bahn und Feuerwehr sich bemühen, alte Kriegsbomben auf nahe gelegenen Baustellen, sicher zu entfernen.
Eben….. das Gemaule geht wieder los: über die Unpünktlichkeit der Bahn, und dass es immer so sei wenn man gerade mal Bahn führe und auf nichts sei Verlass und ob es denn Geld zurück gäbe.
Diese deutsche Maulermentalität geht mir auf die Nerven und mit Mühe stopfe ich mir einen Schokoriegel ins Mäulchen, um nicht mit dem gesamten Großraumabteil Ärger zu kriegen.
Hey…. Was kann die Bahn dafür, wenn sich Egozentriker auf die Gleise werfen und Kriegsbomben aus der Versenkung erscheinen?
Egal. In dieser Bombenstimmung – getragen von vornehmlich älteren Popelinjackenträgern (so wie auch in Schilda häufig zu beobachten), die ihre gute Pension verfahren (was ihnen gegönnt sei), reagiert die Bahn erneut mit Freigetränken für alle.
Aber auch die fördern nur erneutes Gemaule und ich ziehe den Hut vor den Kundenfreundlichkeitsschulungen der DB, denn kein einziger Schaffner lässt sich ärgern oder provozieren. Stattdessen Publikumsbespaßung mit coolen Sprüchen. Kompliment an die PE der Bahn.
Mit heftiger Verspätung schaffe ich gerade noch den wartenden Anschlusszug in Hannover, also den, der eine Stunde später gefahren wäre…. und auch nur, weil man gewartet hat.
Die Szenen innerhalb dieses ICE – und damit, was die Schaffner so an Szene auszuhalten haben – spare ich mir für ein anderes Mal.
Kurz vorm Ziel…… so ca. 15 Min. vor dem Zieleinlauf….. halten wir erneut.
Unnötig zu erwähnen: Personenunfall in Schilda.
Yeah….
Mann wieder Heim geschickt und auf Übernachtung im Zug gewartet.
Das Mädchen am Tisch, mit den sexy Telefonthemen, den freundlichen bielefelder Kofferhelfer, die Popelinjackenträger, die barfüssigen Ökotanten, den ey-Alder-Telefonierer, das genervte 5-5-Opfer, ….. die schaffe ich jetzt nicht mehr.
Meine Helden sind heute einfach die Schaffner, die grandiosen Bändiger des Volkszornes, der selbstgerecht in alter deutscher Gier- und Meckermentalität wieder mal sein bestes gegeben hat.
baldrian goodnight - 18. Jun, 01:29

Mein Gott...

rosmarin - 18. Jun, 01:32

ups.... Sie waren aber fix liebe baldrian...
und ja...
genau...
mein gott....
baldrian goodnight - 18. Jun, 01:35

Reiner Zufall... ich hatte gerade die Zweitag-Startseite auf den Bildschirm geklickt...
Was für eine Höllenfahrt. Da fällt -zumindest mir- ein gescheiter Kommentar schwer.
rosmarin - 18. Jun, 01:39

:-) yep....
steppenhund - 18. Jun, 10:08

Das ist aber eine ziemliche Häufung. Dagegen nimmt sich meine Häufung sehr unbedeutend aus. Meine persönliche Fahrstatistik hat zwar erst mit 2 Personenunfällen, (und die betrafen U-Bahn) zu tun, doch habe ich festgestellt, dass in 4 von 5 Zügen zwischen Frankfurt und Wien das offene Bier ein Problem hat. So war gestern bereits nach Würzburg das Pils ausgegangen.
Dem später eingewechselten Schaffner war das auch unbegreiflich. Die hätten doch in Frankfurt ein neues Fass bekommen sollen.
Aber Verspätung gab es deswegen keine.
Auf den Strecken in der ehemaligen DDR bin ich allerdings auch schon häufig gestanden. Das letzte Mal wegen eines komplett ausgefallenen Stellwerks. Zwei Stunden absoluter Halt. Hat mich irgendwie amüsiert.

datja - 18. Jun, 10:10

grausig
gruslig
garstig

b.k. - 18. Jun, 15:06

herr bk und sein bruder

waren seinerzeit zivildiener beim roten kreuz. stationiert an der bahnstrecke.... personenunfälle lagen (fast) an der tagesordnung. von solchen "personenunfällen" haben auch völlig unbeteiligte noch was.

Jossele - 20. Jun, 17:55

Von A nach B kommen, als ob das jemals einfach gewesen wäre (außer halt in der guten alten Zeit ;-) ).
Respekt vor diesem Personal, das diesen Weg begleitet hat, gelegentlich hört man auch anderes.
Uhrzeit geht vor, wie ich erst unlängst auf der Linie U-4 vernommen habe von unduldigen Fahrgästen als da grad die Reste von einem lebensüberdrüßigen Schüler von den Gleisen entfernt werden mußten, weil sehr viel wichtig ist.
Na ja, liegt ja nicht oft eine Leiche auf den Gleisen, oder eine Bombe, oder ..., meist ist es halt irgendein Umstand, seltenst aber böswillig. Das Echauffieren darüber grantelt mir, was da gleich an Rechten geltend gemacht wird, sagenhaft.
Realität ist anders, manchmal ist das halt so, und manchmal ist der Anschluß halt schon weg. (und trotzdem geht es weiter!)

rosmarin - 20. Jun, 20:02

... eben ...

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und überhaupt....

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