Donnerstag, 27. März 2008

lotte

ist mit dreiundsiebzig witwe geworden. das war schlimm, denn ihr mann aron war ein lustiger kerl mit dem sie seit seiner pensionierung durch die europäische welt gegondelt ist. zu diesem zweck hat aron ein wohnmobil mit allem komfort erstanden. damals vor zwölf jahren.
sie fuhren nicht weit, denn sie kamen aus der schweiz und dort ist man vorsichtig mit allzu weiten reisen ins allzu ferne ausland – besonders wenn man nicht mehr so ganz jung ist. so fuhren sie zum gardasee, nach nizza, nach wien, nach hamburg, nach paris, nach como, in die puszta und immer wieder nach stuttgart.
in stuttgart wohnte lottes alte freundin helma. die besuchten sie zweimal im jahr. helma wohnt in einem stuttgarter vorort und stuttgart hat viele davon. vermutlich nehmen die eingemeindeten vordörfle mehr fläche ein, als die eigentliche stadt.
aron und lotte standen also zweimal im jahr für jeweils eine woche mit ihrem wohnmobil in der nachkriegssiedlung eines stuttgarter vororts vor der wohnung von helma. drinnen wurde gegessen und geratscht, draussen im wohnmobil wurde genächtigt, geduscht und gefrühstückt. soviel privatsphäre musste sein.
großzügig und besser noch: mit einem lauten lachen hatte lotte arons fahrkünste kommentiert. auf jeder fahrt mit dem wohnmobil schaffte er es aufzusetzen, räder an bordsteinkanten zu demolieren, spiegel in gar nicht so engen gassen abzureißen und schnittige schnitzer in den weißen lack zu fahren. das gab dem wohmobil eine patina von abenteuer und wilder weiter welt.
aron war ein vergnügter mann gewesen, drum starb er schnell, kurz und schmerzlos. lotte ist eine patente frau, drum trauerte sie konsequent und tief für genau ein jahr. dann fuhr sie im zug zu helma.
helma ist eine praktisch denkende frau und fragt also lotte „sag, kann man dir schon jemanden vorstellen?“
lotte überlegt kurz und bejaht – auf helma war immer verlass gewesen. helma kennt über ihre nachbarin den herrn gustav. der hat auch ein schweres schicksal, zumindest ist er vor einem jahr witwer geworden und mit seinen achtzig jahren noch in einem äußerst guten zustand. er ist solide, etwas gebildet und ein anständiger mann war er auch immer gewesen.
also lädt helma herrn gustav zum kaffee trinken ein, backt einen sensationellen käsekuchen und stellt ihm lotte vor. ihm gefällt das lachen von lotte, das ganz tief unten aus ihrem bauch kommt. es ist ihm etwas fremd, denn herr gustav war zeit seines bisherigen lebens ein braver schwabe mit korrektem benehmen und einer gewissen strenge.
gustav und lotte gehen spazieren, sie gehen zum abendessen in ein restaurant und gustav gesteht lotte, dass er vor allem die gute küche seiner verstorbenen frau vermisst.
prompt geht lotte in die falle und verspricht ihm für die dauer ihres aufenthalts die gute küche einer hausfrau. sie verschweigt ihm, dass sie als lehrerin eigentlich selten zeit zum kochen gehabt hat und seit vielen jahren auf tiefkühlpizzen steht.
gustav geniesst lottes kochkünste, die sie sich ohne sein wissen in helmas rezepten angelesen hat. abends um zehn ruft helma an. sie hat ein glas wein zuviel und wünscht lotte eine fröhliche nacht. lotte gluckst und holt am nächsten tag bei helma ihr köfferchen, die restlichen tage verbringt sie bei gustav.
sie fährt zurück nach basel. dann wieder nach stuttgart. sie bekocht wieder gustav und weiß auch nicht so genau, was sie eigentlich für ihre kommenden jahre wünscht.
gustav fühlt sich wild, weil er eine freundin hat. er ringt nach worten…. eine freundin hat man, wenn man jung ist und sich nicht binden will, eine lebensgefährtin haben nur vierzigjährige männer, eine geliebte ist bedeutend jünger und eine frau, hatte er schon. aber er fühlt sich frisch und denkt über eine längere reise nach basel nach.
zu der kommt es nicht, denn er erleidet einen üblen schlaganfall und liegt im krankenhaus. dort fragt man ihn, ob es jemanden gäbe, der sich um ihn kümmern würde. schwach nickt er und stammelt lottes namen heraus.
gustav wird ein pflegefall und sein sohn ruft lotte an, ob sie zu ihm nach stuttgart ziehe, um ihn zu pflegen. lotte verneint. die abende, an denen sie versucht hatte die kochkünste seiner verschiedenen frau zu kompensieren waren nett und heiter gewesen aber nicht herzergreifend. vorsichtig versucht sie dem sohn zu erklären, dass sie mit ihren vierundsiebzig den vater, den sie ja noch nicht so gut kennt, nicht einfach pflegen könne.
seitdem legt der sohn auf, wenn lotte anruft, um sich nach gustavs befinden zu erkundigen.

und überhaupt....

Hunde, sind unsere Verbindung zum Paradies. Mit einem Hund an einem herrlichen Nachmittag an einem Hang zu sitzen kommt dem Garten Eden gleich, wo Nichtstun nicht Langweile war - sondern Frieden. (Milan Kundera)

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